Sonntag, 17. April 2011

Wie erstellt man in Cinema 4D einen eindrucksvollen Schnee-Shader?

Moinmoin Leute,

heute wollen wir uns mit einem weiteren Shader auseinandersetzen. Mit denselben Mitteln, wie wir beim letzten mal einen Shader für eine Steinoberfläche erschaffen haben, erstellen wir heute einen für verschneite Tage und zwar einschließlich entsprechendem Transparenz-Kanal, damit wir ihn als eine Art Overlay zu unseren bisherigen Texturen hinzumischen können.

Auf gehts:

  • Zuerst erstellen wir wieder eine neues Material und beginnen mit dem Farb-Kanal
    Ausgangsbasis ist hier wieder eine Textur-Ebene, in welcher wir, wie bei den Ebenen in Photoshop, verschiedene Effekte überlagern können.
  • Als erste Ebene fügen wir einen "Ordner" ein, um den Überblick zu bewahren. Diesen nennen wir "ground" und soll für die grundlegenden Unregelmäßigkeiten unserer Textursorgen.
    Wir fügen 3 Noise-Kanäle ein in mit folgender Reihenfolge & Konfiguration:
    1. NAKI: Oktaven 7 - Globale Größe 120% - Relative Größe 100x150x100
    2. STUPL: Oktaven 8 - Globale Größe 100%
    3. WAVY TURBULENCE: Oktaven 8 - Globale Größe 80%  - Relative Größe 100x170x100
  • Im Moment haben sie alle noch die Ebenen-Interaktion auf "normal", diese belassen wir aber nur im 3. Kanal, beim 2. wählen wir MULTIPLIZIEREN auf 80& und beim 1. HARTES LICHT auf 75%
    So bekommen wir eine angenehme Mischung der verschiedenen Rauschtypen.
  • Nun kommt ein weiterer Ordner den wir als "snow-mask" bezeichnen und der dafür sorgt, dass größtenteils nur dort Farbe hinkommt, wo auch später theoretisch Schnee hinfallen könnte.
  • Zuerst fügen wir ein einfaches NOTOUS-Noise ein, ohne daran etwas zu konfigurieren.
    Darüber legen wir den FALLOFF-Effekt (Erklärung siehe Stone-Shader), mit einem Gradienten von Schwarz nach Weiß, der bei 50% eine Markierung für mittleres Grau erhält und als Ebenen-Interkation ebenfalls HARTES LICHT. (Siehe Bild)
Bild 01: Fall-Off Einstellungen für die Schnee-Maske.

  • Als Ebenen-Interaktion für die Schneemaske wählen wir EBENENMASKE
  • Der dritte und letzte Ordner soll noch das schöne Weiß für den Schnee bringen. Dementsprechend benennen wir diesen als "snow"
    Darin landen 2 Noise-Kanäle in folgender Reihenfolge und Konfiguration:
    1. DENTS: Oktaven 5 - Globale Größe 300%
    2. OBER: Oktaven 6 - Globale Größe 500%
    Für den DENTS-Kanal wählen wir als Ebenen-Interkation einfach MULTIPLIZIEREN.
  • Insofern alles geklappt hat, müsste der Farbkanal nun wie folgt ausschauen:
Bild 02: Farbkanaleinstellungen
 
  •  Als nächstes nehmen wir uns den Leuchten-Kanal vor:
    Wir beginnen wie immer mit einer einer neuen Textur-Ebene. Und um uns Arbeit zu sparen fügen wir via Copy&Paste die Schneemaske aus dem Farbkanal hier wieder ein:
    Wir wechseln in den Farbkanal zum Ordner "snow-mask", durch einen Rechtsklick auf "Shader/Bild kopieren" landet er in der Zwischenablage.
    Zurück in der Ebene des Leuchtenkanals fügen wir zuerst einen beliebigen anderen Shader ein (z.b. ein Noise) klicken dann per Rechtsklick darauf und führen "Shader/Bild einfügen aus". Hierbei wird der ursprüngliche Shader überschrieben. Wer einen einfacheren Weg kennt, darf ihn mir gerne mitteilen.
  • Hinzu kommt noch ein Fresnel mit einem Gradienten von weiß nach grau (siehe Bild):
Bild 03: Fresnel-Einstellungen für den Leuchten-Kanal

  •  Die Reihenfolge sollte wie folgt gewählt werden:
    1. snow-mask mit MULTIPLIZIEREN
    2. Fresnel mit NORMAL
  •  Und so sollte der Leuchten-Kanal aussehen wenn er fertig ist:
Bild 04: Leuchtkanaleinstellungen

  •  Für den Leuchtkanal wählen wir noch allgemein eine Helligkeit von 25% und als Mischmodus MULTIPLIZIEREN (100%)
  • Für das Relief wählen wir zu Beginn gleich mal eine Stärke von 280% und beginnen erneut mit einer Ebenen-Textur:
    Aus unserem Farbkanal importieren wir wieder die Schnee-Maske (EBENENMASKE) sowie den "snow"-Ordner (INEINANDERKOPIEREN).
  • Hinzu kommt noch ein neuer Ordner den wir wieder "ground" nennen, aber wir anders zusammensetzen; wir fügen zwei Noise-Shader in folgender Reihenfolge und Konfiguration ein:
    1. NAKI: 14 Oktaven - Globale Größe 400% - "MULTIPLIZIEREN"
    2. DISPLACED TURBULENCE: 7 Oktaven - Globale Größe 8% - "NORMAL"
  • Am Ende müsste eure Reliefkanal in etwa so ausschauen:
Bild 05: Relief-Kanaleinstellungen

  •  Als nächstes ist der Alpha-Kanal an der Reihe. Und nun ja, jetzt dürft ihr mich hauen, wir verwenden überhaupt nicht "Transparenz", sondern Alpha, denn würden wir den Transparenz-Kanal verwenden, würde der transparente Bereich der Textur auch die darunterliegende Textur verschwinden lassen, während bei Alpha nur sich dieser Effekt in diesem Fall der Anwendnung nur auf unsere Schnee-Textur bezieht.
    Aber der Alpha-Kanal ist schnell erstellt:
    Wir verwenden wieder die TExtur-Ebene und fügen lediglich unseren snow-Ordner und die Schneemaske wieder ein, mit bekannten EInstellungen. Bei den allgemeinen Einstellungen für den Alpha-Kanal aktivieren wir lediglich den Reiter "weich".
  •  Das Glanzlicht stellen wir wie folgt ein:
    Breite: 48%
    Höhe:  84%
    Abnahme: -5%
    Innere Breite: 0%
  • Nun kommen wir zur Glanzfarbe. Was macht die Glanzfarbe? Ganz einfach, Anhand der Farbinformation der Glanzfarbe, wird das Glanzlicht der Texturmodifiziert, entsprechend sind die schwarzen Bereiche der Textur frei vom Glanzlicht.
    In unsere Ebenentextur kommt eine Kopie des Falloff-Effekts aus unserer Schneemaske. Bei diesem ädnern wir den Startwert aber von schwarz in ein dunkles Grau. Wir wolle nicht das gesamte Glanzlicht abdunkeln.
    Dazu kommt ein Noise, welches wir "ÜBERLAGERN" mit folgender Einstellung:
    BLISTERED TURBULENCE: 12 Oktaven - Globale Größe 300%
  • Nun der krönende Abschluss, das Displacement:
    Wir verwenden wieder ein Noise wie folgt:
    LUKA: 13 Oktaven - Globale Größe 200% - Relative Größe 100x200x100
    Beim Noise ändern wir noch die sog. Clipping-Einstellungen wie folgt:
    Clipping unten: 12%
    Clipping oben: 90%
    Das Clipping ist die Kontrasteinstellung für das Rauschen. "unten" regulierst du Stärke von Farbe 1 und "oben" die von Farbe 2.

    Die allgemeinen Einstellungen für das Displacement sollten wie folgt gewählt werden:
    Stärke: 46%
    Max. Höhe: 3m
    Sub-Polygon-Displacement - Unterteilungslevel 1
    Originalkanten erhalten & Beste Verteilung.
  • Wenn alles geklappt hat und ihr eure Textur auf eine Kugel zieht müsste diese wie folgt ausschauen: 
Bild 06: Textur auf Standard-Kugel

  •  Aber wir wollen den Schnee-Shader nun in Kombination mit unserem Stein-Shader vom letzten mal verwenden. Dann schaut das Ergebnis gleich sehr viel ansprechender aus:
Bild 07: Beide Shader für Stein & Schnee in Interaktion

  •  Und zum Abschluss nochmal eine etwas eindrucksvollere Szene wo größtenteils nur modifizierte Landschaftsobjekte und Versionen des oben erstellten Schnee-Shaders zum Einsatz kommen (Mit Absicht habe ich im Vordergrund eine etwas detailarme Nahaufnahme des Shaders belassen):
Bild 08:  Einfaches Landschaftsmodell mit Stein- & Schnee-Shader

  • Und für unsere nostalgischen Freunde nochmal die Szene vom letzten Tutorial, nur dieses mal mit Schnee:
Bild 09: Das Déjà-vu des Tages


Ich hoffe euch hat's wieder Spaß gemacht. Kritik und Fragen höre ich immer gerne. Was ich beim nächsten mal mache weiß ich noch nicht. Anregungen sind gerne willkommen.

Bis dahin
Gruß Hirokeen

Dienstag, 12. April 2011

Wie erstellt man in Cinema 4D einen eindrucksvollen Stein-Shader?



Wie erstellt man einen optisch eindrucksvollen Stein-Shaders für Cinema4D?

Ich hatte oft das Problem, dass wann immer ich eine Landschaft erstellen wollte, ich einfach keine passenden Texturen gefunden habe. Als ich angefangen habe mit Shadern zu experimentieren, kam ich schnell zu tollen Ergebnissen. Heute versuche ich mich größtenteils von Texturen auf Bildbasis von jpeg-Dateien fern zu halten. Ich liebe sich unendlich ausdehnende Texturen, die sich an die Geometrie des Objektes anpassen, aber dazu später mehr.

Verzeiht mir aber, falls die einige Begriffe der Fachterminologie nicht treffend verwende, oder einige Ausdrücke falsch verwende, ich mach das ja auch nur zum Hobby und das ist mein erstes Tutorial. Freue mich über jegliche Kritik an der Sache.

Hier möchte ich erstmal zeigen, wie man mit einigen Kanälen in Cinema4D schnell zu einem großartigen Ergebnis kommt:
Bild 01: Wähle im Farbkanal den Reiter Ebene um mehrere Effekte miteinander zu kombinieren.
  • Wir fangen an mit einem neuen Material. Als Textur für den Farbkanal wählen wir zunächst eine „Ebene“, um in ihr unsere verschiedenen Effekte zu überlagern. Dies funktioniert ähnlich wie bei den Ebenen in gängigen Grafikprogrammen wie GIMP oder PHOTOSHOP.
  • Wir beginnen erst einmal mit einem Noise-Kanal, um eine farbliche Unregelmäßigkeit zu erreichen.
    Wichtig ist, dass man ein Rauschen wählt, dass "steinig" erscheint. Also dessen Turbulenz der Oberfläche von Steinen ähnelt. Zu empfehlen sind folgende: NAKI, ELEKTRISCH, LUKA, STUPL
    In diesem Beispiel wählen wir NAKI.
  • Wichtig ist nun das Rauschen an die Bedingungen der Szene anzupassen:
  • Bei den Farben empfehle ich zum einen weiß aus der Grundeinstellung, sowie einen Braun, oder Grauton, so erhält man schonmal das grundlegende Farbbild eines Steinmaterials.
  • Der Reiter "Oktaven" regelt den Detailgrad des Rauschens. Da wir das Rauschen im nächsten Schritt sehr hoch skalieren werden, ist es sinnvoll einen Oktavenwert von >10 einzustellen. Ansonsten kann es vorkommen, dass die Textur unschön verwischt.
  • Nun zum wichtigsten Punkt:
    Die Größe muss man stets individuell an die Szene anpassen. Der Wert sollte mindestens >300 sein. Im aktuellen Beispiel verwenden wir einen Wert von 600. Wenn du sehr große Objekte in deiner Szene verwendest, kannst du auch Werte größer als 1000 verwenden. Umgekehrt sind sehr kleine Werte von <100 sinnvoll, wenn auch deine Objekte sehr klein sind.
  • Insofern du nicht vorhast eine Animation zu machen, lassen wir die anderen Werte unangetastet und machen weiter.
Bild 02: Die Einstellungen für den Noise-Kanal

  •  Als nächstes fügen wir einen "Falloff"-Kanal hinzu. Dieser beeinflusst die Farbe in Abhängigkeit des Oberflächenwinkels. In der Grundeinstellungen hat die Einstellungsoption {0 1 0}. Dies bedeutet, sich der Falloff an der y-Achse orientiert. Dem Falloff liegt ein Farbgradient zu Grunde, welcher den Vektor als Ausgangsbasis nimmt. Einfach gesagt: Der Startwert des Gradienten gibt die Farbe für die Unterseite des Objektes vor. Der Endwert für die Oberseite. Also gibt dieser Gradient den Farbwechsel von der Ober- zur Unterseite eines Objektes, die Zwischenwerte also die Farbe der Seiten.
    Für einen Stein zwar nicht zwingend notwendig, aber gehört meines Erachtens zur Farbkomposition dazu. So wählte ich als Startwert ein dunkles Grau, als Zwischenwert einen Braunton und als Endwert weiß.
  • Als Ebenen-Interkation wählen wir "Multiplizieren"
  • Nun kommt der Trick am ganzen:
    Mit einem einfachen "Farbe"-Kanal kann man nun die Grundfarbe festlegen. Diese spielt man durch die Ebenen-Interkation "Überlagern" auf das ganze ein. Für dieses Beispiel wählen wir hier: einen dunkel Blauton, der ins gräuliche tendiert.
  • Als letztes fügen wir noch einen "Fresnel"-Kanal hinzu, welcher die Farbe in Abhängigkeit des Betrachtungswinkels ändert. Die Grundeinstellung verwerfen wir und nehmen als Startwert einen grünlichen Grauton, als Mittelwert einen leichten Braunton und als Endwert wiederum weiß.
  • Insofern alles geklappt hat, müsste ihre komplette Ebene nun so, oder so ähnlich ausschauen:
Bild 03: Fertige Farbebene.

  •  Als nächstes nehmen wir uns den Reliefkanal vor:
    Zuerst fügen wir ein NAKI-Noise ein mit Oktave = 15 und Größe = 1200%
    Darüber kommt ein LUKA-Noise mit Oktave = 15 und Größe = 1200%
    und Ebenen-Interkation = Überlagern
  •  Bei dem Glanzlicht kann man viel herumspielen, je nach dem was dem Betrachter besser gefällt.
    Für dieses Beispiel wählen wir: Breite 50% ; Höhe 15 % ; Abnahme 5% ; Innere Breite 15%
  • Als Glanzfarbe, um das Glanzlicht unregelmäßig zu verteilen wählen wir wieder eine Ebene.
  • Zu Beginn fügen wir ein Luka-Noise ein mi Oktave = 12 und Größe = 600%
  • Darüber kommt ein Freselkanal mit Starwert Schwarz und Endwert weiß
    und Ebenen-Interaktion = Überlagern
  • Das Displacement ist das Herzstück des Shaders und gleichzeitig sehr einfach gehalten:
  • Als Textur wählen wir ein NAKI-Noise mit Oktave = 12 und Größe = 1200%
  • Die maximale Höhe muss man wie die Größe des Rauschen stets an die Geometrie anpassen. Hier wählen wir einen Wert von 50m (dieser kann durchaus um den Faktor 10 oder Faktor 100 je nach Geometrie abweichen, einfach ausprobieren)
  • Wir aktivieren Sub-Polygon-Displacement mit Unterteilungslevel 3. Von den folgenden Funktionen aktivieren wir lediglich "Geometrie runden", damit keine scharfen Kanten entstehen. Auch das Unterteilungslevel gilt es an die Geometrie anzupassen. Umso mehr Polygone von grundauf vorhanden sind, desto geringer das Unterteilungslevel. Bei einem Standard-Landschaftsobjekt genügen meist Level 2 oder 3. Bei polygonärmeren Objekten empfehle ich Level 4 oder 5, oder wie viel der Rechner hergibt.
Bild 04: Displacement-Einstellungen
Nun kann man nach Lust und Laune die Steine aneinander hauen, und natürlich gerne seinen Shader den persönlichen Vorlieben anpassen. Während die Ergebnisse bei einer einfachen Kugel noch eher plump wirken:
Bild 05: Rendering mit GI & Flächenschatten, einfache Kugel mit D=240m
So schauen Ergebnisse mit entsprechenden Modellen schon eindrucksvoller aus:

Bild 06: 2 Polygonobjekte (je ca. 200-300Polygone) mit Hyper-Nurb (3-fache Unterteilung) mit GI & Flächenschatten

Und wenn man 5min mehr Zeit hat, dann kann man auch gleich ne kleine Szene drumrum basteln. Und was Ihr damit macht, ich bin gespannt, könnt mir gerne eure Werke zeigen. Für Fragen bin ich immer offen. Wer will, dem kann ich auch die entsprechende C4D-Datei schicken. 

Bild 07: 3 Polygonobjekte mit GI, AO, Spotlight & Volumetric Lightning


Mit diesem Bild verabschiede ich mich dann mal wieder. Beim nächsten mal zeige ich euch, wie man mit ähnlichen Mitteln einen wunderbaren Schnee-Shader bastelt.


Bis zum nächsten mal.
Gruß Hirokeen

Donnerstag, 7. April 2011

Nennt ihn Ismael Teil 5 + 6

So hier bekommt ihr nun das vorläufige Ende der Geschichte, oder vielleicht ist das nur der Prolog für etwas größeres? Ihr könnt es entscheiden, je mehr Feedback, desto besser. Ich freue mich auf eure Anregungen.
Gruß Hirokeen


Der Geruch brachte ihn vorwärts, er hatte etwas warmes, bekanntes an sich, aber zugleich auch etwas, was ihn eigentlich dazu veranlassen sollte, sofort kehrt zu machen. Doch seine Neugierde war stärker als alle vorzeitlichen Bedenken, die er haben konnte. Er Schritt weiter, seine Augen begannen nun auch wieder mehr von seiner Umgebung wahrzunehmen, der Staub, welcher ihn seit jeher umgab, entsprach dem Rest seiner Umwelt. Er war sein trister Begleiter seit langer zeit geworden. Es war eine Hassliebe zwischen ihm und dem Staub. Zum einen wusste er, dass er vom Staub beeinträchtigt wurde. Er sah meist weniger als seine eigene Hand vor Augen, oder allerhöchstens einige Silhouetten um sich, aber gleichzeitig fühlte er sich in dieser ihn umgebenden Materie sicher. Es war die Konstanz in seinem Leben geworden. Staub.
Es wurde intensiver und langsam kamen wieder mehr Erinnerungen in ihm hoch. Es waren aber nur Farben. Rot und Schwarz. Beide miteinander vermengt in einem bösartigen Spiel von hell und dunkel. Zentrische Bahnen und mit dem Tod als Begleiter. Was war es, das er da gewittert hatte, denn seine Sinne funktionierten mittlerweile eher wie die eines Tiere, als wie solche eines Menschen.
Was war das für eine Assoziation, die seine Erinnerungen herbeiführen wollten, er vergaß immer schneller was einst die Wesenheit seiner Art ausgemacht hatte.
Schritt für Schritt, weiter sich versuchen zu erinnern, folgte er der Fahne. Jeder Schritt mit seinen Stiefeln zerstörte eine kleine Welt, eine kleine Welt aus Staub, jene vergänglichen Gebirge zu seinen Füßen, die so winzig klein nur für ein Augenzwinkern noch existieren, Wunderwerke eines Schmetterlings aus Willkür entstanden, ohne bewundert zu werden.
Wie ein Blitz schoss erneut eine Erinnerung durch seinen Kopf. Doch dieses Mal wusste er genau woher sie kam. Sie war weiß, die Erinnerung war weiß, sie war ein Wechselspiel aus allen nur erdenklichen Weißtönen. Jeder Schritt, den er nun tat nährte diese Erinnerung. Er schloss die Augen, die ersten Eindrücke vergessend, das neue in sich aufsaugend. Es war als ob ihm fröstelte bei dem Gedanken. Vor seinem inneren Auge formte sich das Wort, welches seine Erinnerung manifestierte. Es war Schnee, er schritt plötzlich durch Schnee. Er konnte es nicht glauben. Seine Gedanken jagten. Er schritt nicht mehr durch Staub. Die Welten die er zerstörte, sie waren nicht Teil einer Ödnis, sie waren Teil des Schnees. Er öffnete die Augen. Die Welt war nicht mehr grau, sie war wie verändert. Die einstmals graue Wand erstrahlte vor ihm. Sie blendete ihn, aber er sah nicht weiter als zuvor.
Ein Teil seiner Welt kehre zu ihm zurück, aber war es ein guter Teil seiner Welt, es war auf jeden Fall ein kalter Teil seiner Welt. Er bemerkte, wie sie in ihn eindrang, er verschmolz mit ihr. Das Gefühl, so unbekannt es ihm erschien, er wurde dadurch neugeboren, verfiel er in einen Sog des Neuen, oder spielte sein Verstand, sein Unterbewusstsein, das Vergessenes archivierte ihm einen Streich.
Das weiß wurde wieder zu rot. Der Grundton änderte sich, Kontrast gehört dazu. Er ging weiter, eine Hand noch vorne gestreckt, seiner alten Fährte folgend, suchend, welcher Teil seines Vergessens ihn erinnerte.
Sein Geruch leitete ihn. Es war nun nicht mehr die weißte Kälte, die ihn frösteln ließ, es war der Tod der vor ihm zu warten schien. Sein links und sein Rechts stoben auseinander. Vor ihm war ein Punkt, rot und schwarz. Er wartete. Er hoffte auf eine Erinnerung, sie blieb aus.
Die Ungewissheit stach ihm ins Herz. Er vergaß einst noch etwas anderes. Mut.

Er spürte die Säule in seinem Nacken an die er sich lehnte und beobachtete. Seine mitgebrachten Freunde waren nicht in seinem Blickfeld. Er war nicht auf sie angewiesen. Seine Sinne waren geschärft. Beeinflusst durch Stoffe in seinem Getränk, glücklicherweise raubten sie ihm nicht den Verstanden auf die weise, wie die Inhalte der Gläser seiner um ihn herum anwesenden Menschen.
Er sah die Herde, wie sie wogte und flanierte. Er stand am Rand eines Durchgangs, welcher zwei Weidegründe der Männer miteinander verband. Er fand es ziemlich interessant wie sich die Leute zueinander bewegten, sich aneinander vorbei schoben. Eben war er noch Teil dieses Meeres gewesen, nun stand er an einer Klippe daneben, wartet, schauend, bereit hinein zuspringen, wenn es sich lohnte, aber dennoch jeden Fisch registrierend, welcher sich zwischen den Walen hindurch schlängelte.
Manche sahen aus, als ob sie nicht mehr wissen würden wo sie seien. Sie liefen wie in Trance durch die Reihen der anderen, auf der Suche nach jemand oder etwas, das sie längst selbst nicht mehr wussten. Die meisten waren nicht mehr Herr ihres Willens, Die Herde funktionierte wie eine Einheit, wie ein Haufen Partikel. Wie ein Schwarm Motten sich um das Licht versammelte strömten sie um die Bars und füllten dort ihre Batterien auf, um sich wieder in den Strom zu werfen.
Seine Hände fassten sein Glas fester. Es war Zeit selbst wieder Teil von etwas zu werden, das er in seinem tiefsten Innern verabscheute. Er musste mit der Masse verschmelzen um das zu erlangen nach was er sich am meisten sehnte. Obwohl er wusste, dass es vergebens sein würde, tat es trotzdem.
Er stieß sich weg, seine Schulter drückte sich gegen die eines weiteren Schweins, er erkannte zwar das Gesicht nicht, doch bei dem Geruch konnte er sich nicht täuschen. Um ihn herum bewegte sich alles, die Gesichter um ihn herum waren nur noch Schemen, er sah Frauen, ihr Antlitz meist grob entstellt, maskiert durch dicke Schichten der Unwahrheit. Ihr Geruch jedoch, entsprach eher dem Leibreiz, was er zu finden erhoffte. Doch auch das war nichts weiter als Maskerade. Ihr Konsum unterschied sich nur unwesentlich von dem ihrer Geschlechtspendants, lediglich die notwendige Wirkungsmenge ist unterschiedlich.
Er spürte wie es enger um ihn herum wurde, die Leiber seiner Umgebung drückten auf ihn ein. Seine noch nassen Sportschuhe glitten über den Boden, er rutschte mehr als dass er ging, aber fallen war nicht möglich.
Es ging beständig vorwärts, ständig getragen von der wogenden Welle. Am Ziel angekommen, erkannte er, dass sein erhofftes Ziel, nicht mein seinem tatsächlichen entsprach. In einer Lache aus stinkenden Körperergüssen lag ein Mann, oder das was früher einmal ein Mann. Sabbernd und triefend vor Makel, lag er da. Bei Bewusstsein, stotternd, er sei der Herr der Welt. Herr einer Welt, die sich gerade aus erbrochenem Salamibaguette und russischem Wodka zusammensetzte. Er stand über ihm, unfähig zu begreifen wie ein Mensch sich so sehr vergessen konnte.
Dieser Mann lag wimmernd in seiner eigenen Scheiße und die Welt, in der er zuvor wohl über viele andere hinausragte, schaute nun auf ihn herab.
Er stand weiterhin fassungslos daneben, aber gleichzeitig stolz, dass er nicht jenem Verhängnis erlag, welches diesen einen dort traf. Der Sog welcher viele an diesem Ort verschlang, folgte er nicht, er schwamm dagegen als einzelner Fisch im großen Meer. Und die Wogen brachen erneut auf ihn ein.

Die Szenerie verschlang sein Bewusstsein. Vor ihm breitete sich eine Ebene aus. Vor ihm lag eine Erinnerung. Die Vergangenheit breitete sich vor ihm aus und er durchschritt sie. Seine Schritte teilten die Wogen aus Staub, welche sich weiterhin um ihn herum befanden. Er ging vorwärts auf den Kontrast in der Ödnis zu. Er folgte sowohl dem Geruch, als auch der Erinnerung. Jeden Schritt den er tat, beging er wie ein Fest. Auch hier zelebrierte er jedes Anzeichen von Leben, zu welchem er selbst fähig war. Er streckte seine Hand voraus, versuchte zu greifen, was er hoffte zu finden. Doch er griff ins Leere.
Stattdessen kam sein Seesinn mit solcher Präzision zu ihm zurück, dass er glaubte erblinden zu müssen. So intensiv. Einst hätte ein solches Gefühl in ihm Verlangen ausgelöst. Nun jedoch, widerte es ihn an. Er sah, den Tod.
Tief eingegraben und schon halb von Staub bedeckt lag vor ihm das, was ihm sein Geruch als rot und schwarz beschrieb. Es war ein totes Tier. Früher wohl eine Standarte der Lebendigkeit, heute nun nur noch ein trauriges Echo seiner selbst. Vor ihm lag ein Masttier, geschlachtet von unbekannter Macht. Das Schwein, dessen Nüstern grau von Staub und rot von Blut bedeckt waren. Es schien zu atmen, aber dennoch tot. Er griff erneut nach vorne. In seine Knie gestützt griff er hinein in das tote Tier. Die Innereien schmiegten sich warm an seine Haut. Es war befremdlich. Er dachte, so wie sein Geist nun begann selbst zu denken, muss es sein, wie seltsam es von außen aussehen müsste.
Hier kniet ein Mann mitten im Nirgendwo, umweht von grauem Staub, neben einem toten Tier und streckte seine Rechte ausgestreckt in dessen Innerstes. Das Tier war noch nicht lange tot. Er zog die Hand zurück und betrachtete sie. Das Blut rann dunkel seinem Handgelenk hinunter. In der Grausamkeit dieses Moments wusste er wieder was der Unterschied zwischen Leben und Tod war.
Du lebst, so lange du selbst des Ganges deines Blutes Herr bist.
Das Blut dieses Tieres, hinfort getragen aus seinem eigenen Leib, folgte nun nur noch einer Macht, seiner eigenen Masse, so floss es zu Boden. Zuvor Träger des Lebens gewesen ist es nun nichts weiter als sich bewegende Farbe in einem Meer aus Grau.


Mittwoch, 6. April 2011

Nennt ihn Ismael Teil 4

Das grelle Licht der Discothekenbeleuchtung blendete ihn so sehr, dass er seinen Blick wieder auf den Boden senkte. Es war eng. Links und rechts von ihm standen die Gäste unbeschwert nebeneinander, sie scherzen, redeten und lachten und tranken vor allem sehr viel Alkohol dabei, was zur folge hatte, dass sie noch mehr redeten und lachten und noch mehr Alkohol tranken und er wusste genau, dass es so lange gehen würde, bis eines von beiden nicht mehr ginge. Er selbst bewegte sich in der Masse eher tapsig, er setzte einen Fuß vor den anderen. Die Feuchtigkeit im Innern seiner Schuhe erleichterten dies verständlicherweise natürlich nicht. Sodass sein Gang durch die Menge garantiert nicht dem entsprach, was er als Coolness bezeichnen würde. Aber immerhin, er konnte sich noch irgendwie bewegen und musste sich nicht mit mehr oder weniger sanfter Gewalt durch die lebenden Barrikaden drücken.
Plötzlich bekam er einen Stoß, sodass er sogar etwas von seinem wertvollen Getränk verlor. Wäre es nicht so eng gewesen, hätte er garantiert kurz getaumelt, doch die Masse federte seinen kurzen Flug, dass er weiterhin lotrecht stehen konnte. Ein recht breiter Kerl hatte sich an ihm vorbeigedrückt, sein Gesicht erinnerte ihn irgendwie an das eines Schweins. Es war rund, rosa und seine Nase zeigte irgendwie unnatürlich nach Oben. Irgendwie hatte er sogar das Gefühl ein Quieken oder Grunzen gehört zu haben, als er ihn weggedrückt hatte.
Das Schweinchen zog einen nicht gerade appetiterregenden Geruch hinter sich her. Sein eigener Körperduft war vermengt mit dem Geruch von Alkohol, Motorenöl und viel Alkohol. Unter pessimistischer Sichtweise könnte man sich ausmalen wie der Rest des Abends für diesen Gast enden könnte. Bei dem Gedanken musste er unweigerlich grinsen. Denn wenn er sich vorstellte, dass das Schwein, das ihn umgerempelt hatte mit seinem massigen Körper, welcher ohne Übertreibung oder gar Schönreden doppelt so breit war wie er selbst, sich auf ein Motorrad oder Motorroller setzen würde. Dann bekam man gewaltiges Mitleid mit dem Gefährt. Er konnte die Achsen fast schon brechen hören.
Er fühlte sich regelrecht angewidert von diesem Tiermensch, wie es gänzlich voll gefressen sich am Konsum labte. Es verschlug ihm innerlich den Magen, an diesem Makel der Menschheit. Er hatte gerade zu das Gefühl, dass dieses Schwein fast wie ein Sinnbild für einen der apokalyptischen Reiter stand, es verkörperte die innere Pestilenz der Menschheit. Warum befand er sich überhaupt an diesem Ort, den er doch eigentlich zu meiden versuchte. Er befand sich in der Mitte einer gezählten und zahlenden Anzahl von Menschen, die sich frei ihrem Geiste dem Genuss hingaben. Es war die verdrehte Realität, die ihm sein Gemüt zum negativen verdrehte. Der Genuss diente nicht mehr dem Menschen, nein, der Mensch diente dem Genuss, er war ihm verfallen.
Stopp, nein, er war schon wieder in seine Gedanken zurückgefallen, er wusste nicht woher es kam, aber wann immer ihm etwas negatives an seinem Umfeld auffiel oder sogar irgendwie direkt davon betroffen wurde, fühlte er sich im Innern eines Hexenkessels, vielleicht litt er unter Paranoia. Er wusste es nicht, nein, er wusste nur, dass er diese Gedanken und vor allem das Schwein wieder vergessen musste, sonst würde dieser Abend für ihn länger werden als geplant.

Nennt ihn Ismael Teil 3

Und so geht es weiter:


Der Wind säuselte durch die Schlucht aus Beton, Glas und Stein. Jeder Schritt den er tat hallte wider an den Wänden, an den großen Leistungen seiner Vorfahren, die hier zu beider Seiten seines Weges emporragten. Von jenen Vorfahren hatte er einst viel gelernt, er war Teil ihrer Geschichte gewesen, doch nun sind sie nur noch Teil seiner eigenen Geschichte und in dieser auch nur noch eine Erzählung. Das Heben seines Kopfes bereitete ihm Schmerzen, jede einzelne Bewegung glich einem Schmerz. Sein Blick war jedoch weiter auf den grauen Boden vor ihm gerichtet. Denn so wusste er, dass er stets in der Nähe der Erde verweilte, er immer in der Lage war, sich hinzusetzen und zu ruhen.
Denn genau das war seine größte Angst. Die Stille die ihn umgab, war vollkommen. Es war nicht so, dass man nichts hören konnte, doch, die Dinge die man hörte, bestätigten die Stille nur noch weiter in ihrem Zwecke der Einsamkeit. Denn das einzige Lebendige, das auch nur im Ansatz in der Lage wäre diese Stille zu durchringen, das war er selbst. Doch Selbstgespräche sollen nicht Kern einer Erzählung sein. Denn die Facetten eines oder mehrerer Leben werden erst durch die Betrachtung des anderen Individuums zu dem was sie sein sollte, die Geschichte.
Mit dem Wind kam nicht nur ein neuer Lufthauch in diese Schlucht aus Kargheit, er brachte auch ein für diesen Ort eher Befremdliches mit sich, er konnte nicht genau zuordnen, was es war, was der Wind brachte, es erregte aber seine Aufmerksamkeit, so vernachlässigte er wieder vollkommen seine anderen Sinne. Er hatte in der jüngeren Vergangenheit verlernt mehreren Sinnen zur selben Zeit Gehör zu schenken. Es kam selten vor, dass er mehr als ein oder zwei Sinneseindrücke wahrnahm. Was allerdings auch daran lag, dass die Abwechslung sich eher in Grenzen hielt. Es schien fast, als ob seine Wahrnehmung in eine gewisse Monotonie versunken sei. Allerdings, sobald er doch mal etwas registrierte, das nicht in diese Einseitigkeit gehörte, was nicht bedeutet, dass er es nicht kannte, sondern lediglich,, dass dieses Gefühl der Wahrnehmung jener Sache schlicht und ergreifend nicht mehr teil seines Lebens war, dann sog er diese willkommene Abwechslung in sich auf, er vergaß alles um sich herum. Er ergötzte sich an dieser einen Sache. So auch zu diesem Zeitpunkt, als der Wind durch die Schlucht dahin jagte, brachte er ihm etwas an dem er sich laben konnte. Ein Geruch, der in dieser Welt eigentlich höchst befremdlich schien.
Es war ein Geruch der nur von einem anderen Lebewesen abgesondert werden konnte, doch was war das für ein Lebewesen? Er konnte es nicht zuordnen. Er hatte vergessen, dass es einst eine Vielfalt gab. Aber er wusste genau, dass es etwas war, das er kannte, er konnte sich nur nicht erinnern. Dennoch entfachte diese kleine Sache in ihm eine gewaltige Euphorie. Er wollte wissen was ihn da anlockte. War die Einsamkeit vielleicht doch nicht so vollkommen, wie es ihm erst erschien, oder war das nur ein Echo seines eignen Geistes, eine Fatahmorgana des Geruchs.
Seine Augen waren wieder da, vor ihm war eine weite Fläche, die Fläche befand sich in einer wellenartigen Bewegung, aber dennoch schwieg sie. Ihre Geometrie war chaotisch und begrenzt. Zu beider Seiten war sie eingekesselt durch hohe Mauern, die bis zum Himmel reichten. Farben konnte er keine erkennen. Entweder weil keine mehr existierten, oder weil er nicht mehr wusste, was Farben waren, dass er verlernt hatte Farben zu sehen. Er wusste aber, dass jene Ebene zu seinen Füßen dunkler war als am Horizont und er wusste auch, dass die Wände weiter oben ebenfalls nicht jener Dunkelheit entsprachen, welche man ansonsten hier rings um ihn herum vorfand.